Albariño: Ein Gruss aus Spaniens Norden

Die nordwestlichste Region der iberischen Halbinsel ist fruchtbar, grün und rau. Direkt an der Atlantikküste gelegen ist die Weinregion Rías Baixas Heimat der knackigen, mineralischen und aromatischen Rebsorte Albariño - übersetzt "Der Weisse vom Rhein". Ist denn da ein Zusammenhang mit Mitteleuropa?

Galicien - das ist das etwas andere Spanien!

Wer sich die iberische Halbinsel als trocken und heiss vorstellt, der dürfte von der üppig grünen, klimatisch kühlen und rauen Küstenregion am Atlantik überrascht sein. Von den schäumenden Meeresbrandungen bis zu den tiefen Schluchten mit den steilen und meist steinigen Reb-Hängen erstreckt sich die Landschaft. In Weinkreisen ist die Gegend um Santiago de Compostela vorallem für das boomende Weissweingebiet DO Rías Baixas bekannt. Und für den starken Niederschlag. Im Salnes-Tal, die grösste Zone innerhalb der DO, liegt dieser bei 1600mm im Jahr. Das ist mehr als doppelt soviel wie in London. Und selbst wenn es mal nicht regnet, ziehen morgens die Nebelschwaden vom Atlantik weit ins Land und die Rebberge hinein.

Perfekt angepasst

Doch die heimische Traubensorte Albariño hat sich dem feuchten Klima perfekt angepasst. Ihre dicken Beerenhäute und die kleinen Traubenbüschel mit den locker hängenden Beeren machen die Sorte weniger anfällig für Mehltau und Pilzkrankheiten. Doch nicht nur die Sorte passte sich den äusseren Umständen an, auch die Winzer haben sich im Vergleich zu den übrigen spanischen Weinbaugebieten angepasst. Die Pergola-Erziehung, wobei die Trauben weit vom nassen Boden hängend reifen, hat sich in der Region durchgesetzt. So werden auch die Rebberge generell gut durchlüftet - nur die maschinelle Bearbeitung ist nicht möglich. Alle Tätigkeiten im Rebberg werden von Hand verrichtet. Ein hoher Arbeitsaufwand!

Robust und resistent seit Jahrhunderten

Doch für die Rebstöcke im galizischen Feucht lohnt es sich allemal. Wir sprechen hier nämlich nicht von jungen Stöcklis, die man zur Not ersetzen könnte. Im Gegenteil: manche der Rebstöcke in der Region sind über 200 Jahre alt und stammen noch von der Zeit vor der Reblaus. Der sandige Untergrund der Region hat es den Schädlingen schwer gemacht, sich fortzubewegen. Auch wegen den weiten Pflanzabständen bei der Pergola-Erziehung kamen die Rebläuse kaum von Rebstock zu Rebstock.

Der "Weisse vom Rhein" - hat nichts mit dem Rhein zu tun

Albariño heisst übersetzt „der Weisse vom Rhein“. Denn lange Zeit ging man davon aus, dass die Sorte aus Mitteleuropa stammte und mit dem Riesling verwandt wäre. Möche sollen im Mittelalter über den Jakobsweg nach Galicien gepilgert sein und so die Traubensorte mitgebracht haben. Aktuelle DNA-Analysen widerlegen diese Vermutung nun jedoch eindeutig: Weder ist der Albariño zum Riesling, noch zu irgendwelchen anderen mitteleuropäischen Trauben verwandt. Rebsortenforscher sind sich heute sicher, dass der Ursprung der Traube in Galicien und Nordportugal liegt, wo sie im Vinho-Verde-Gebiet unter dem Namen Alvarinho bekannt ist.

Geschmacklich lässt sich eine Ähnlichkeit von Riesling und Albariño hingegen nicht von der Hand zu weisen. Beiden Sorten zeichnen sich durch eine hohe Säure und knackige Mineralität aus. Ausgebaut auf der Feinhefe entwickeln sowohl Rieslinge wie auch Albariños eine schöne Cremigkeit am Gaumen. Und auch hängt bei beiden Sorten das Aromenprofil unter anderem stark vom Erntezeitpunkt ab: Bei einer früheren Lese treten überwiegend weisse Blüten und Zitrusfrucht zu Tage, während bei einer späteren Lese die Aromatik in Richtung Steinfrüchte wie Pfirsich und sogar tropische Früchte wie Ananas geht.

Jetzt träumt man sich beim spanischen Weingenuss gerne in einen gemütlichen Liegestuhl an der wärmenden Sonne, da will der nasse, raue, garstige Norden nicht so ganz ins Tagträumen passen. Aber stellen Sie sich nur vor, wie erfrischend ein Glas Albariño im heissen Sommer ist. Wie wundervoll das Spiel zwischen Mineralik von den steingen, granithaltigen Böden mit der dezenten Salzigkeit im Gaumen zum Vorschein kommt. Mit welcher Hingabe die Winzer ihre Pergola-Rebstöcke von Hand bewirtschaften und welcher Genuss erst die Kombination mit feinen Schalentieren, Muscheln und Aperos hervorruft - na dann: Salud!


Weintipps aus dieser Wein Story

Haben Sie Fragen?