Weine suchen
John & Mike Favre
Wenn Mike Favre, der weltgewandte Urwalliser, von Julien Carrupt, dem Grossvater seiner Frau, spricht, schwingen immer Respekt und Bewunderung in seiner Stimme mit. Kein Wunder, schliesslich bepflanzte dieser schon 1927, im Alter von 25 Jahren, seine beste Lage in Chamoson mit Petite Arvine. «Es muss ein eigenständiger Mann mit Weitblick gewesen sein, denn damals pflanzten alle anderen Chasselas, Gamay oder sonst was.» Die Stöcke haben sich im kargen Schiefergestein mit tiefen Wurzeln festgekrallt und ergeben heute, 82-jährig, unter anderem den Ikonenwein Honorable, von dem jährlich nur gerade 280 Flaschen produziert werden. Für diese trocken ausgebaute Selektion der Selektion werden Trauben im allerersten Stadium des Botrytisbefalls geerntet, wenn sie noch kein Wasser verloren haben. Trotz Stahltankausbaus ohne malolaktische Gärung vinifiziert, ist es ein herrlich reifer, vor allem aber komplexer Wein mit reifer Säure und edler Salznote im Abgang. Ähnlich exklusiv ist auch die in Barrique vergorene Petite-Arvine-Selektion Grande Année St. Pierre, die 1997, 1999, 2001 und 2004 abgefüllt wurde. Die Weine wurden teilweise auf der Maische vergoren; das Holz scheint völlig integriert in diese vielschichtigen Crus. Wie gut die beiden Brüder heute den Umgang mit der Petite Arvine beherrschen, zeigt aber vor allem ihr vermeintlich einfachster Wein, der den Sortennamen Petite Arvine ohne Zusatz trägt. Auch hier finden sich schon alle Anlagen eines grossen, finessenreichen, höchst eleganten Weissweins. Trotz dieser drei beeindruckenden Weine sehen sich die Favres noch lange nicht am Ende ihres Petite-Arvine-Weges. Sie haben noch so manche Idee, um der weissen Paradesorte noch mehr abzuringen. «Tüfteln im Nanobereich», würde ein Wissenschaftler dies wohl nennen.
Quelle:Vinum 4/2009